Politik
Landratswahl am Sonntag: Kandidaten stellen sich vor
Am kommenden Sonntag sind die Wähler mal wieder zu den Stimmlokalen gerufen. Gewählt wird der Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises. Er ist Chef der Kreisbehörde und nimmt einige wichtige hoheitliche Aufgaben wahr. Zum Beispiel ist er Polizeichef im Kreis. Das Amt des Landrates wird seit den 1930er Jahren von SPD-Leuten bekleidet. Diese „Kontinuität“ lässt vor allem Gegner der allgegenwärtigen Sozialisten befürchten, dass die gebotene Unabhängigkeit der Kreisverwaltung kaum zu gewährleisten ist. Schließlich „sitzen“ an allen Schlüsselpositionen des Kreises und auch der Gemeinden irgendwelche Genossen, die sich ja bekanntlich alle lieb haben.
Ändern kann das alles nur der Wähler – wenn er denn will. Deshalb wollen auch wir die Menschen motivieren, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Die Wahllokale sind Langschläferfreundlich bis 18 Uhr geöffnet. Die Adresse steht auf der Wahlbenachrichtigung, die vor einigen Woichen im Briefkasten lag. Wer am Sonntag keine Zeit oder Lust hat zu einem Wahllokal zu gehen, kann im Briefwahlbüro im Rathaus schon heute seine Stimme abgeben. Das geht übrigens noch bis Freitag, 18 Uhr.
Zur Wahl stehen drei Kandidaten. Zum Kennenlernen haben wir alle drei gebeten, uns die selben drei Fragen zu beantworten. Hier die Antworten (alphabetische Reihenfolge):
Dr. Babett Bolle (CDU)
Gerade 50 geworden, promovierte Chemikerin, Auslandserfahrung, seit dem Abschluss des Studiums durchgehend wissenschaftlich gearbeitet, zurzeit im Stab der Geschäftsführung Presse und Public Relations im FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur, verheiratet, 3 Kinder (Jungs), kommunalpolitisch engagiert in der Gevelsberger CDU (Stadtverbandsvorsitzende), Stellvertretende Bürgermeisterin und Ratsfrau in Gevelsberg
Was qualifiziert Sie für diese Position und warum sind Sie die richtige Kandidatin?
Weil ich es kann und die erste Frau in einer langen Reihe von Männern in diesem Amt wäre. Ich bin es aufgrund meiner wissenschaftlichen Ausbildung gewohnt, Entscheidungen zu treffen, verschiedene Argumente abzuwägen, auf den Rat von Kolleginnen und Kollegen zu hören und nicht übereilt zu agieren.
Was darf der Bürger von Ihnen als Landrätin erwarten / wofür stehen Sie?
Meine feste Überzeugung, zu der ich vorbehaltlos stehe, ist: Dem Kreis geht es gut, wenn es unseren neun Städten gut geht. Das lässt sich auf vielen Politikfeldern durchdeklinieren. Mit mir wird es keine unsinnigen Prestigeobjekte geben, sondern ich werde darauf achten, dass die Kreisumlage und damit die Belastung der Städte so gering wie eben möglich bleibt. Auch ganz wichtig: die Außendarstellung unseres Kreises in NRW und im Bund. Hier werde ich unsere Position stärken und nachdrücklich Fördergelder einfordern.
Welches Thema ist Ihnen eine Herzensangelegenheit, die Sie gern sofort angehen würden?
Ich glaube, dass uns die Bewältigung des demografischen Wandels stärker beschäftigen wird, als wir bislang erahnen. Der demografische Wandel wird vieles auf den Prüfstand stellen: Den öffentlichen Personennahverkehr, die Wohn- und Lebenssituation in den einzelnem Quartieren des Kreises, neue Formen der Freizeitgestaltung werden nachgefragt werden und geänderte Anforderungen an die Arbeitswelt werden unausweichlich sein. Ich bin mir sicher, dass dieser Wandel unaufhaltsam ist, aber neben Risiken auch viele Chancen bietet. Bislang hat der Kreis darüber zu wenig nachgedacht. Ich werde z.B. Modelle vorschlagen, die den Verbleib von Haus- und Fachärzten im Kreis wahrscheinlich machen.
Helmut Kanand (Die Linke)
Hat uns leider keine Antworten auf unsere Fragen geschickt.
Olaf Schade (SPD/Grüne)
Zur Person
Nach meinem Abitur im Jahr 1987 in Hattingen habe ich 1989 nach dem Zivildienst beim Arbeiter-Samariter-Bund ein Jurastudium an der Ruhr-Universität in Bochum begonnen und dieses mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen. Es folgten Tätigkeiten als Mitarbeiter bei unserer heutigen Wissenschaftsministerin Svenja Schulze und dem damaligen Bundestagsabgeordneten Adi Ostertag an, und für diese Zeit bin ich besonders dankbar, weil ich hier in sehr engem Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern arbeiten konnte. Nach weiteren Stationen auf dem Berufsweg bei der Landesdatenschutzbeauftragten NRW und bei der Bezirksregierung in Köln, wo ich intensiv eine Großverwaltung kennenlernte, wechselte ich im Jahr 2003 zur SPD-Landtagsfraktion. Eine spannende Aufgabe, die mir einen direkten Einblick in die Landespolitik und viele Kontakte zu Landespolitikern brachte. Seit 2010 bin ich nun Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und leite das Büro von Landtagspräsidentin Carina Gödecke.
Was qualifiziert Sie für diese Position und warum sind Sie der richtige Kandidat?
Mein Interesse an Kreispolitik ist nicht erst im Vorfeld dieser Landratswahl entstanden. Dieses Interesse besteht bereits seit dem Jahr 1994, also seit 20 Jahren, als ich erstmals in den Kreistag des Ennepe-Ruhr-Kreises gewählt worden bin. Mich bewegte schon damals intensiv die Frage, wie das bis dahin sehr ausgeprägte „Kirchturmdenken“ im Ennepe-Ruhr-Kreis zurückgedrängt und ein intensiveres Zusammenspiel des Kreises und seinen neun Städten zwischen Witten und Breckerfeld zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger erreicht werden kann. Daran gilt es auch heute und in Zukunft zu arbeiten. 1999 wurde ich bereits zum stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Kreistag und 2009 zum Vorsitzenden der größten Kreistagsfraktion gewählt und hatte in diesen Funktionen das Glück, mit unseren Landräten Volker Stein und Dr. Arnim Brux eng zusammenarbeiten zu dürfen.
Was darf der Bürger von Ihnen als Landrat erwarten / wofür stehen Sie?
Ich möchte an dieser Stelle drei wichtige Aufgabenbereiche nennen.
Zunächst: Ich habe vor kurzem als SPD-Fraktionsvorsitzender gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen und der FDP den Solidarpakt EN in den Kreistag eingebracht. Diese Initiative ist von großer Bedeutung für den Kreis und seine Städte, weil es um die Frage einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Kreis und Städten und damit um die Einsparung von Personal- und Finanzressourcen geht. Diese Konsolidierung muss nicht unbedingt Streichung und Aufgabenabbau, sondern kann auch die stärkere Nutzung von Synergien bedeuten.
Zweitens halte ich es für ganz wichtig, uns endlich intensiv mit der Modernisierung der Infrastruktur im Kreis, insbesondere des schnellen Internets, zu widmen.
Der dritte große Aufgabenbereich ist natürlich die Sicherung sozialer Gerechtigkeit durch Förderung von Arbeit, durch die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern, die Unterstützung junger Familien, die Teilhabe von behinderten und älteren Menschen und die Förderung des Ehrenamts.
Welches Thema ist Ihnen eine Herzensangelegenheit, die Sie gern sofort angehen würden?
Ich möchte ganz zeitnah helfen, die größte Herausforderung dieser Tage, nämlich die Versorgung der bei uns Hilfe suchenden Flüchtlinge, zu meistern. Die Hauptamtlichen in den Stadtverwaltungen, in unseren Kindertagesstätten und Schulen und an vielen Stellen mehr machen derzeit mit großartiger Unterstützung von vielen vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelferinnen und -helfern eine Arbeit, die mich mit großer Anerkennung und Dankbarkeit erfüllt. Hier möchte ich in meinem neuen Amt als erstes mit den Möglichkeiten, die der Kreis auf den Gebieten medizinische Versorgung, Schule und Integration hat, Unterstützung leisten und mithelfen, die beeindruckende Willkommenskultur in unserer Region aufrecht zu erhalten.
Kandidatenfotos: Parteien