Nachrichten
Experten machen „Amtsdeutsch“ verständlich
Wer ein Schreiben vom Amt liest, versteht die oft sperrige Behörden-Sprache nicht. Das wird sich ändern: Bürger aus Wetter und Herdecke, die bei der EN-Kreisverwaltung z.B. einen Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis stellen, bekommen demnächst das nötige Formular in sogenannter „Leichter Sprache“. Die besteht aus einfachen Sätzen und ist besonders geeignet für Menschen mit Lernschwierigkeiten, hilft aber im Prinzip auch Menschen ohne Behinderung.
„Die Idee, Texte der Verwaltungs-Schreiben in Leichte Sprache zu übersetzen, hat landesweite Bedeutung“, betont Norbert Killewald, Geschäftsführer der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW. Die Stiftung fördert das Projekt, das jetzt offiziell gestartet ist, mit 260.000 Euro.
Bei der praktischen Übersetzungsarbeit ist ausgewiesener Sachverstand gefragt: Der kommt von der Evangelischen Stiftung Volmarstein, die sich seit ihrer Gründung 1904 u.a. der Behindertenhilfe verschrieben hat, und der Lebenshilfe Bochum. In den Reihen beider Institutionen gibt es besondere Experten, die das „Amtsdeutsch“ in Schreiben der EN-Kreisverwaltung und der Stadt Bochum in Leichte Sprache umformulieren werden.
Das hilft einem großen Kreis von Bürgern: Rund 10 Prozent der Bevölkerung kommen als Nutzer von Leichter Sprache in Frage – und zwar wegen einer Behinderung oder einer Lese-Rechtschreib-Schwäche. Allein Im EN-Kreis sind es etwa 30.000 Menschen, die bald ihren Antrag auf Grundsicherung oder auf einen Fahrdienst ohne Hilfe verstehen können. Am Ende, so die Idee, sollen alle NRW-Kommunen von den neuen Formularen in Leichter Sprache profitieren.
„Wir helfen dadurch, Barrieren für Menschen mit Behinderungen abzubauen“, sagt Jürgen Dittrich, Vorstand der Stiftung Volmarstein. Zur Stiftung gehört das Forschungsinstitut Technologie und Behinderung (FTB) mit einem Büro für Leichte Sprache, in dem Expertin Annika Nietzio sitzt. „Die neuen Behörden-Texte in Leichter Sprache werden von den Nutzern, also Menschen mit Lernschwierigkeiten, sorgfältig geprüft“, erklärt sie das konkrete Prozedere. Annika Nietzio leitet eine solche Prüfgruppe, die aus Menschen mit Behinderungen besteht.
Wichtig: Am Ende erfolgt eine rechtliche Prüfung: Denn natürlich müssen auch Verwaltungs-Schreiben in Leichter Sprache juristisch einwandfrei sein. Dafür sorgt die IDEMA Gesellschaft für verständliche Sprache mbH in Bochum.
Bild: Beste Laune hatten die Projekt-Beteiligten beim Startschuss für das Vorhaben „Übersetzung von Verwaltungsakten in „Leichte Sprache“. Foto: ESV