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Wie sicher ist eigentlich unsere Stromversorgung?
Nachdem vor einiger Zeit zum vierten Mal innerhalb weniger Wochen irgendwo in der Stadt der Strom ausgefallen war, hatten wir einen weiteren Bericht zu dem Thema angekündigt. Wir wollten einmal die Zuverlässigkeit unseres Netzbetreibers AVU unter die Lupe nehmen. Ein Thema, das gerade jetzt, wo die Konzession für die Energieversorgung in Wetter neu vergeben werden soll, ein „hochspannendes“ Thema.
Wir haben also zur großen Gesprächs- und Besichtigungsrunde eingeladen. AVU schickte den Geschäftsführer der Netz-Tochter Hansjörg Sander und den Chef der Stromversorgung Bernhard Oberland ins Rennen. Für das Wetter Magazin haben wir einen erfahrenen Elektroingenieur als Sachverständigen mitgenommen, der einmal selbst für die Versorgungssicherheit einer Großstadt mitverantwortlich war.
Von den AVU-Leuten wollten wir wissen, wie man mit dem Bedürfnis der Kunden umgeht, rund um die Uhr und an allen Tagen im Jahr sicher versorgt zu werden. Dies mit Blick auf die Tatsache, dass ein großer Teil jener Kabel, die in der Vergangenheit Ärger gemacht haben, in den 1970er Jahren verlegt wurden und somit nicht selten 50 Jahre alt sind.
Der Geschäftsführer des Netzbetreibers erklärte dazu, man habe in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich in das Netz investiert und beispielsweise den größten Teil aller systemrelevanten Schaltanlagen erneuert. Somit seien Umspannwerke, Trafostationen und Knotenpunktstationen schon jetzt fast flächendeckend auf dem neuesten Stand der Technik. Trotz aller Bemühungen können man nicht einfach mal eben 3.500 Kilometer Erdkabel ausgraben und erneuern. Das Kabelnetz würde, so der Chef, immer wieder punktuell erneuert.
Der Stromchef ergänzt, dass man bei der Haltbarkeit der Kabel derzeit stark von dem veränderten Verbrauchsverhalten der Kunden profitiere. Klingt zunächst etwas arg einfach – ist aber so: Die alten Erdkabel mögen es gar nicht, wenn es arg warm wird und das wird es eigentlich nur dann, wenn viel Strom durch die Leitung fließt. Viel Strom wird aber nicht mehr verbraucht, weil der ja schon lange nicht mehr so preiswert ist, wie er mal war. Derzeit würden die Kabel im Stadtgebiet – mit wenigen Ausnahmen – nur mit einem Drittel des Möglichen belastet. Das erhöht in der Tat die Lebenserwartung.
Also alles perfekt in Wetter und bei AVU? Aus Sicht der Verantwortlichen schon. Ein externer Sachverständiger habe die Konzepte und den Zustand des Netzes eingehend geprüft. Er komme zu dem Schluss, das AVU unter allen getesteten Netzbetreibern einen der besten Plätze im Bereich der Zuverlässigkeit belegt. Außerdem habe man dem Unternehmen attestiert, dass auch in den nächsten 20 Jahren – bei gleichbleibender Strategie – diese Zuverlässigkeit erhalten bleiben dürfte. Mehr könne man nun wirklich nicht machen. Darüber hinaushabe man in den letzten Monaten auch noch die Technik zur Überwachung und Fernsteuerung des Netzes komplett modernisiert. So sei es in Zukunft noch einfacher möglich, rund um die Uhr alles im Blick zu behalten und im Störungsfalle innerhalb von Minuten einzugreifen.
Und was sagt der Experte, der nicht auf der Gehaltsliste steht? Die Verlässlichkeit des Gutachtens zu bewerten, sei kaum möglich, da es als vertraulich eingestuft wird und nicht eingesehen werden konnte. Man könne die Situation somit nur aufgrund des gewonnenen Eindrucks bewerten. Der hingegen ist durchweg positiv. Der Stromchef sei ein bekanntermaßen erfahrener Mann, der seinen Laden gut kenne, sagt unser Experte. Aufgrund dieser Erfahrung könne man sehr gut gezielt Schwachstellen beseitigen. Außerdem habe der Umgang mit Störungen in der Vergangenheit gezeigt, dass man den Job sehr ernst nehme. So habe man unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit immer ein bisschen mehr getan als gerade nötig war. Beispielsweise habe man nicht einfach nur die Versorgung wieder hergestellt, sondern oft auch gleich den Schaden beseitigt. Dadurch habe man einen messbaren Beitrag zur Aufrechterhaltung einer hohen Verfügbarkeit geleistet. Die technischen Angaben der Verantwortlichen seien hingegen durchaus nachprüfbar und durch Unterlagen und Ortstermine untermauert worden.
Fazit? Spektakuläre Blackouts wie man sie aus anderen Ländern kennt, bleiben uns wohl in den nächsten Jahren erspart. Obwohl das ein Äpfel- mit Birnen- Vergleich sei, ergänzt unser Experte. Die Politik – außerhalb von Wetter – gebe sich gerade große Mühe, die Zuverlässigkeit unserer Netze einzuschränken. Der schnelle Umstieg auf sogenannte erneuerbare Energien – ohne zuvor die Netze auszubauen – sei die Herausforderung der nahen Zukunft. Da könne ein örtlicher Netzbetreiber noch so gute Arbeit leisten. Wenn von den Vorlieferanten irgendwann kein Strom mehr komme, könne auch AVU nichts mehr liefern. Die Zeiten, als es noch eigene Kraftwerke gab, die im Notfall mal schnell aushelfen können, seien schon sehr lange vorbei.
Bild: Das was im „Raumschiff Enterprise“ die Brücke war, ist bei AVU die Leitwarte. Von hier aus lässt sich das gesamte Netz (Strom, Gas und Wasser) überwachen. Die beiden schwarzbilder zeigen die Leittechnik (v.l.) aus den 1970er Jahren sowie die ersten computergestützten Systeme in den 1980er Jahren.